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März 2023

Winnies gutes Leben

Welt-Down-Syndrom-Tag am 21. März:
Besuch bei Familie Masuch im Landkreis Harburg

Winsen/Luhe. Hausbesuch bei der vierjährigen Winnie. „Ich mag Kinderturnen“, erzählt sie gleich im Flur. Das ist seit Neuestem ein Highlight der Woche. In der Kita war heute Vormittag Musikschule, auch das gefällt Winnie sehr. Nach der Kita ging es direkt zur Logopädie. Und jetzt: mit dem Bauernhof spielen, der im Wohnzimmer aufgebaut ist, Salzbrezeln knabbern, später noch eine Höhle bauen. Was an einem Kindernachmittag eben so passiert.

Winnie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Winsen/Luhe. Sie gehört zu den rund 50.000 Menschen in Deutschland, die in ihrem Erbgut ein Chromosom mehr haben. Der Fachbegriff lautet Trisomie 21 (siehe Info-Anhang). Besser bekannt als Down-Syndrom, benannt nach dem englischen Arzt, der das Phänomen erstmals beschrieb. Menschen mit Down-Syndrom brauchen unterschiedlich viel Unterstützung. Was ihr Leben nicht weniger lebenswert macht – wie das Beispiel von Winnie zeigt.

Ein Zukunftstraum zerbricht

Die Diagnose traf die Eltern, Alexandra und André Masuch, 20 Stunden nach der Geburt. Während der Schwangerschaft war nichts auffällig gewesen, die Ultraschalluntersuchung der Nackenfalte beim Kind hatte keine Anzeichen ergeben. Nach der Entbindung im Krankenhaus hielten die Eltern glücklich ihre Tochter in den Armen. „Mein erstes Baby. Ich war schockverliebt“, sagt die Mutter. Erst am nächsten Tag war klar: Winnie hat Trisomie 21.

„In diesem Moment zerbrach unser Zukunftstraum“, erzählt die 37-Jährige. Wie fit würde ihr Kind jemals werden? Würde sie es so lieben können, wie sie es sich vorgestellt hatte? In einem bewegenden Brief, gerichtet an sich selbst zum Zeitpunkt der Diagnose, schildert sie später die emotionale Zerrissenheit. Aber auch das Glück, das Kind dann so anzunehmen, wie es ist: „Mama von diesem Minimädchen zu sein, ist das aufregendste, schönste, überwältigendste, anstrengendste und großartigste Gefühl überhaupt.“ Der Brief ist zusammen mit den Beiträgen weiterer Mütter und Väter in einer Broschüre erschienen, die in privater Initiative bundesweit an Eltern und Fachpersonal verteilt wird (siehe Info-Anhang).

Das Kind nicht „in Watte packen“

Die Entwicklung von Winnie ist verzögert. Gleichaltrige sind ihr voraus bei Sprachentwicklung, körperlicher Kraft oder Beweglichkeit in den Händen. Und die Vierjährige hat kein Gefahrenbewusstsein, erzählt ihre Mutter. Sie würde unbefangen auf die Straße laufen, auch wenn Autos kommen. Oder in tiefes Wasser springen, ohne dass sie schwimmen kann.

Unterstützung für Winnie wird dauerhaft nötig sein. Trotzdem wollen die Eltern sie nicht „in Watte packen“ und vor Anforderungen bewahren, sondern zur Selbstständigkeit erziehen. So wie es für Winnie eben möglich ist. Und mit dieser Haltung sind viele Alltagssituationen genauso wie in anderen Familien. Zum Beispiel morgens geduldig warten, bis Winnie die Jacke selbst angezogen hat, anstatt sie ihr überzustreifen – obwohl man doch schnell los möchte zur Kita und zur Arbeit.

Unterstützung durch die Kita

Mit 15 Monaten kam Winnie in die integrative Kita Am Bultweg in Winsen, eine Einrichtung der Lebenshilfe. „Großartig“ sei die Unterstützung durch die Kita, sagt die Mutter. Für Winnie, aber auch für sie als Eltern. Alex ist Berufsschullehrerin, ihr Mann Vermögensberater bei einer Bank, beide arbeiten gern. Umso wichtiger, die Betreuung des Kindes in guten Händen zu wissen: „Winnie fühlte sich in der Kita von Anfang an wohl.“

Allerdings fehlt ihr Kontakt zu Gleichaltrigen aus der Nachbarschaft. Die gehen in der Regel in eine nähergelegene Kita, die damals keinen Integrationsplatz hatte und sich nicht zutraute, Winnie aufzunehmen. „In diesem Punkt“, sagt Alex, „hat Inklusion noch nicht funktioniert“.

Umstrittener Bluttest auf Trisomie

Winnie hat inzwischen eine zehn Monate alte Schwester. Für die Eltern ein Wagnis? „Ja, natürlich hatten wir Sorgen, die Schwangerschaft war nicht so unbeschwert“, erzählt Alex. Die Eltern entschieden sich für einen Bluttest bei der Mutter. Erleichterung, als der Test keine Auffälligkeit erbrachte. Aber Sicherheit? Gibt es nicht. Alex sieht es realistisch: „Die allermeisten Behinderungen entstehen während oder nach der Geburt.“ Daran ändern auch immer ausgefeiltere Untersuchungen während der Schwangerschaft nichts.

Der Bluttest, inzwischen von den Krankenkassen finanziert, ist durchaus umstritten (siehe Info-Anhang). Eltern würden sich nach einem positiven Ergebnis meist für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden, sagt Alex. „Kinder wie Winnie werden dadurch immer mehr zu Exoten.“ Dennoch sei sie nicht gegen den Test. Er müsse aber mit viel mehr Aufklärung und Beratung verbunden werden. André ergänzt: „Wir hätten auch ein zweites Kind mit Down-Syndrom akzeptiert. Nur wäre es nach dem Test nicht so überraschend gewesen.“

Reise nach Südafrika

Viele anfängliche Befürchtungen der Eltern haben sich nicht bestätigt. Zum Beispiel, was das Reisen betrifft. Das Paar, das immer schon gern unterwegs war, hörte nach der Diagnose von allen Seiten: „Das wird ja nun nicht mehr gehen.“ Mit einem Down-Syndrom-Kind müsse selbst ein Tagesausflug wochenlang vorbereitet werden.

Aber es geht eben doch. Das berufstätige Paar nutzt derzeit gemeinsame Elternzeit und ist mit den Kindern für neun Wochen in Südafrika. „Wir machen diese Reise nicht trotz Winnie, sondern mit Winnie“, betont André. Ohnehin werde der Alltag derzeit eher von den Bedürfnissen der kleinen Schwester bestimmt – nicht vom Down-Syndrom der Älteren.

Für die Vierjährige ist es nicht die erste Flugreise. Sie war mit ihren Eltern schon in Italien. „Was haben sie da immer zu dir gesagt?“, fragt die Mutter. „Ciao bella“, erinnert sich Winnie. Und „gelato“, das italienische Wort für Eis, weiß sie auch noch.

Aber jetzt ist erst mal Abendessen dran. Winnie verabschiedet den Besuch und läuft in die Küche. Brot und Suppe mit Würstchen soll es geben. Sie will beim Vorbereiten helfen.


Info-Anhang

Geschätzt 30-50.000 Menschen mit Down-Syndrom leben in Deutschland. Manche kommen als Erwachsene weitgehend selbstständig zurecht, andere brauchen viel Unterstützung. Die Lebenserwartung ist über die Jahrzehnte erheblich gestiegen. Menschen mit Down-Syndrom können mehr als 60 oder sogar 70 Jahre alt werden.

Ein Bluttest bei der Mutter während der Schwangerschaft kann auf eine Trisomie beim Kind hinweisen. Seit 2022 bezahlen die Krankenkassen den Test. Das kritisieren Behindertenverbände und auch die Bundesvereinigung Lebenshilfe. Die Befürchtung: Der Test werde zur Regel, bei einem positiven Ergebnis folge sofort der Schwangerschaftsabbruch. Aufklärung und Information für die Eltern seien unzureichend. Menschen mit Behinderung würden auf diese Weise „aussortiert“ und als „vermeidbar“ eingestuft.

Das Heft „Von Mutter zu Mutter“ richtet sich an Eltern, die mit der Diagnose Down-Syndrom konfrontiert sind, und an Fachpersonal. Es enthält auch einen Beitrag von Alex Masuch. Bestellung: https://lavanja.com/vmzm-heft

Beratung und Unterstützung erhalten Eltern von Kindern mit Down-Syndrom z. B. bei der Lebenshilfe Lüneburg-Harburg. Der Erstkontakt läuft in der Regel zu Hause über die Mobile Frühförderung. Sie unterstützt bei der Beantragung von Leistungen und weiterführenden Hilfen und vermittelt den Kontakt zu Eltern-Kind-Gruppen. Außerdem gibt es die integrativen und heilpädagogischen Kindertagesstätten der Lebenshilfe und die Mobilen Assistenzdienste. Sie unterstützen Familien und sorgen später bei Bedarf auch für Schulassistenz. Mehr Infos: www.lhlh.org


Inge Seiler-Päpper
Geschäftsführerin

Lüneburg, den 14. März 2023

Lebenshilfe Lüneburg-Harburg gemeinnützige GmbH

Vrestorfer Weg 1 · 21339 Lüneburg
Fon (04131) 30180 · Fax (04131) 301882
 · www.lhlh.org
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